
Pflanzliche Kernseife selber machen ohne Palmöl
Wenn es nach der Putzmittel-Industrie geht, dann benötigt man für jeden Zweck ein anderes, spezielles Putzmittel. Das kostet aber nicht nur unnötig viel Geld, sondern verbraucht auch unnötig Ressourcen und belastet die Umwelt. Dabei kannst du mit nur wenigen Hausmitteln fast alle Putz- und Waschmittel ersetzen.
Kernseife gehört zu diesen Klassikern, sie wird seit Generationen für alle möglichen Probleme genutzt. Kernseife ist in jedem Supermarkt sehr preiswert erhältlich, wobei es nicht ganz so leicht ist, Kernseife ohne Palmöl und ohne tierische Fette zu finden. Wenn du selbst Naturseifen siedest, kannst du auch deine eigene Kernseife herstellen.
Kernseife herzustellen hat Tradition
Der Beruf des Seifensieders war in früheren Zeiten verpönt und schlecht angesehen. Und das aus gutem Grund: An den Produktionsstätten stank es förmlich zum Himmel und das Atmen fiel schwer. Kernseife wurde damals nach einfachsten Verfahren aus Schweine- oder Rinderfett gekocht. Für die Verseifung wurde eine Lauge, meist aus Holzasche, verwendet. Mehrmals musste der Seifenleim in Salzwasser ausgekocht werden, bis eine brauchbare Seife entstand. Sie reinigte gut, war aber recht scharf und zur Pflege alles andere als geeignet.
Heutzutage geht es zum Glück wesentlich einfacher. Mit Hilfe der heutigen Berechnungsmöglichkeiten für das Sieden von Seifen kannst du Kernseife leicht selbst herstellen. Der Verzicht auf tierisches Fett ist dabei ebenfalls möglich.
Kernseife selbst sieden
Ich habe in mehreren Versuchen Kernseife nach früheren Rezepten gesiedet. Auch wenn das Ergebnis mich überzeugt hat, ist der Vorgang doch recht aufwändig und ich möchte dir hier eine Alternative vorstellen. Aus pflanzlichen Ölen entsteht mit dieser Anleitung eine Seife mit einer sehr geringen Überfettung, die der originalen Kernseife in der Wirkung gleicht.
Es gibt gute Gründe, sich für eine pflanzliche Seife ohne Überfettung zu entscheiden, statt Kernseife nach dem klassischen Verfahren herzustellen:
- Tierische Fette stammen meist aus der Massentierhaltung.
- Der traditionelle Herstellungsprozess von Kernseifen ist immens aufwändig und verschwendet unnötig Ressourcen.
- Die Seife muss dreimal in kochendem Wasser „ausgesalzen“ werden, dabei entsteht die sogenannte Unterlauge, die separat entsorgt werden muss.
- Das Endprodukt ist in der Wirkung vergleichbar, im Vergleich zum Original bleibt lediglich der Glyzerin-Anteil enthalten. Für die Verwendung als Handwaschseife ist das sogar besser. Wie du diese dennoch auch vom Glyzerin befreien und daraus Putzseifenflocken herstellen kannst, erfährst du weiter unten.
Sicherheitstipps beim Seifensieden
Um Fett in Seife zu verwandeln, braucht es Natronlauge. Diese basische Lösung ist stark ätzend und kann deine Haut verletzen, besonders gefährlich ist sie bei Augenkontakt. Du solltest dich deshalb unbedingt vor Hautkontakt mit der Lauge schützen. Zur Sicherheitsausstattung gehören deshalb:
- eine Schutzbrille
- Schutzhandschuhe (möglichst säure-/laugenbeständig)
- lange Hose und Oberteil
Kinder, Haustiere und vielleicht auch der Partner/die Partnerin sollten beim Sieden besser nicht im selben Raum sein. Auch eine gute Belüftung ist wichtig, da die heiße Lauge zunächst auch reizende Gase bildet. Ich rühre meine Lauge nach Möglichkeit im Freien an.
Hier findest du die wichtigsten Sicherheitsregeln beim Sieden von Seifen nochmal zusammengefasst. Bereite dich gut vor, halte alle Materialien und Zutaten griffbereit und prüfe den genauen Ablauf noch einmal, bevor du beginnst.
Pflanzliche Kernseife selbst sieden
Klassische feste Seife entsteht durch die Vermischung von Ölen und Fetten mit einer genau berechneten Menge einer Lösung aus Natriumhydroxid, auch Ätznatron (NaOH). Die Menge an NaOH bestimmt auch den Grad der Überfettung, also den Anteil an Fett, der nicht verseift wird. Eine tolle Pflegeseife hat zum Beispiel eine Überfettung von acht bis zehn Prozent. Kernseife hat dagegen keine Überfettung und ist zur Pflege der Haut eher ungeeignet. Dafür reinigt sie perfekt die Haut und auch viele Dinge des täglichen Lebens.
Für mein Grundrezept verwende ich diese Zutaten, die alle möglichst grammgenau mit einer präzisen, elektronischen Küchenwaage abgewogen werden sollten:
- 500 g reines Kokosfett (Würfel) oder Kokosöl
- 250 g Olivenöl
- 125 g Rapsöl
- 125 g Sonnenblumenöl
für die Lauge:
- 155,8 Gramm NaOH (Ätznatron)
- 335 Gramm destilliertes Wasser
Die Fette bekommst du in jedem Supermarkt zu einem günstigen Preis. Natriumhydroxid (NaOH, Ätznatron) kaufst du am besten in deiner örtlichen Apotheke oder online. Natriumhydroxid ist am besten in perlierter Form zu handhaben.
Wichtig: Je nach Produkt können die Eigenschaften (und damit die Verseifungszahlen) der verwendeten Fette abweichen. Die oben angegebene Menge NaOH berücksichtigt diesen Umstand bereits, sodass eine Seife mit keiner bis ganz leichter Überfettung entsteht. Bitte rechne die benötigte Menge an NaOH immer noch einmal selbst nach, wenn du andere Rezepte probierst. Dazu gibt es im Netz Online-Seifenrechner, die schnell und bequem die Berechnung übernehmen.
Zusätzlich brauchst du:
- einen Edelstahl-Topf (mindestens 3 Liter)
- ein Einmachglas (1 Liter)
- einen Löffel
- Küchenfeinwaage
- Stabmixer
- engmaschiges Küchensieb
- Form für den Seifenleim
- Backpapier oder Frischhaltefolie
Bei den Formen für den Leim kannst du deiner Fantasie freien Lauf lassen. Von der Holzbox über alte Kunststoffdosen bis hin zum gereinigten Tetrapack kannst du so ziemlich alles verwenden. Wichtig ist, dass die Materialien kein Aluminium enthalten. Das gilt insbesondere für den Topf.
Seifenleim zubereiten
Zuerst wird in einem großen Glas die Lauge angerührt. Dabei wird immer das Natriumhydroxid in das Wasser gegeben, niemals umgekehrt. Ansonsten würde eine große Hitze entstehen, die unter Umständen dafür sorgt, dass das verwendete Glas platzt oder die hochkonzentrierte Lauge aus dem Gefäß spritzt. Sorge für gute Belüftung, es entstehen zu Anfang reizende Dämpfe. Wenn du das Glas ins Spülbecken stellst, kannst du mögliche Spritzer auf empfindlichen Flächen vermeiden.
Rühre nun so lange mit einem Löffel, bis sich das NaOH restlos im Wasser gelöst hat. Bei der Herstellung entsteht eine beträchtliche Wärme. Lasse die Lauge im Glas nun abkühlen.
Währenddessen können schon die Fette im Topf bei geringer Hitze geschmolzen werden. Tipp: Schmelze zuerst die festen Fette und nimm den Topf dann gleich vom Herd. Füge dann erst das Rapsöl hinzu, so ist die Masse nicht zu heiß.
Sind beide Flüssigkeiten ungefähr handwarm, wird die Lauge in den Leim gegeben. Am besten gießt du sie durch ein feinmaschiges Küchensieb aus Edelstahl. So verhinderst du, dass sich einzelne NaOH-Kristalle, die sich vielleicht nicht vollständig gelöst haben, in die Seife geraten. Sie könnten beim benutzen deiner Seife leichte Reizungen verursachen. Gründliches Rühren der Lauge ist also sehr wichtig.
Rühre nun so lange mit einem Stabmixer, bis die Masse eine gleichmäßige, puddingartige Konsistenz erreicht. Der Leim ist perfekt, wenn du mit dem Löffel auf der Oberfläche eine Spur ziehen kannst.
Nun kannst du die Seifenmasse in die Form geben und an einen warmen Ort stellen. Nach mindestens 24 Stunden ist die Seife fest und wird ausgeformt. Dies ist der beste Zeitpunkt, um sie in handliche Stücke zu schneiden. Trocken aufgestellt, ist die Seife nach ungefähr vier Wochen fertig zum Gebrauch.
So hast du schon ein hervorragendes Mittel für viele Herausforderungen im Haushalt, wie zum Beispiel diese Anwendungen für Kernseife.
Du kannst aber auch den Glyzerin-Anteil entfernen und die Seife weiter zu Seifenflocken verarbeiten.
Seife aussalzen
Zum Aussalzen der Seife benötigst du:
- einen sehr großen Topf mit circa 10 Liter Inhalt
- vier Liter Wasser
- ungefähr 300 Gramm Speisesalz
- ein sauberes Geschirrtuch
- ein Küchensieb
So gehst du vor:
- Wasser zusammen mit dem frisch angerührten Seifenleim zum Kochen bringen. Hierbei ist Vorsicht geboten: Die Masse steigt auf und möchte gern den Topf verlassen. Daher der besonders große Topf. Topf rechtzeitig von der Flamme nehmen und die Hitze reduzieren!
- Bei kleiner Hitze weiter köcheln lassen.
- Das Salz händeweise einrühren. Du siehst sehr schnell, wie sich die Masse trennt und das Aussehen geronnener Milch annimmt.
- Nach rund 45 Minuten Kochzeit sollte das Glyzerin ausgesalzen sein. Es ist nicht nötig, diesen Vorgang wie in alten Zeiten zu wiederholen. Die Seife wurde ja schon ohne Überfettung berechnet.
- Sobald der Topf etwas abgekühlt ist, die oben schwimmende, flockige Seife mit einem Schaumlöffel abnehmen.
- In einem mit einem Geschirrtuch ausgekleideten Sieb abtropfen lassen.
Die fertigen Flocken kannst du in einer Dose aufbewahren und zum Beispiel für selbst gemachtes Waschmittel oder Putzmittel verwenden. Einfach eine kleine Menge der Flocken in heißem Wasser auflösen und ins Putzwasser geben. Selbst dein Geschirr kannst du damit spülen. Die Seifenstücke sagen auch dem gröbsten Schmutz an deinen Händen den Kampf an. Gartendreck oder Maschinenöl geben sich dieser Seife bestimmt geschlagen. Allerdings solltest du die Haut danach noch einmal mit einer Creme pflegen. Zugunsten der Waschkraft verzichtet die Kernseife auf alle Pflegezusätze.
Du kannst die Flocken auch als Zutat für selbstgemachtes Waschmittel oder Allzweckreiniger verwenden.
Wenn du inspiriert bist, und weitere Seifen selbst herstellen möchtest, dann sieh in unsere Beitragsserie:
- Naturseifen selbst herstellen – eine Einführung
- Naturseifen herstellen – der Ablauf
- Selbstgemachte Naturseife – dein erstes Rezept
- Naturseife selber machen – weiterführende Informationen
- Seife mit Kaffeesatz – Anti-Cellulite und Peeling
- Weihnachtsseife mit Zimt und Anis
- Shampoo-Seife: immer parat und perfekt für Reisen
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