Was bringen Bio-Siegel, und ist Bio immer besser?

Bio ist nicht gleich Bio, und die Vielzahl der Siegel führt oft zu Verunsicherungen. Hier ein kurzer Wegweiser zum richtigen Siegel für dich.

Für Verbraucher ist es nicht einfach, sich beim Einkauf zwischen allen Siegeln und Werbeversprechen zurecht zu finden. Die Wortwahl allein macht noch lange kein Bio-Produkt und so lassen sich viele Anbieter kreative Texte einfallen, um Bio-Qualität zu suggerieren. Sicherlich kennst du die blumigen Formulierungen wie „kontrollierter Anbau“ (da fehlt das Wort „biologisch“), wahlweise auch „integrierter“, „alternativer“, „organischer“ oder „natürlicher“ Anbau, gerne kombiniert mit dem Wort „Vertragsanbau“. Wer blickt da noch wirklich durch?

Welches Produkt ist denn nun wirklich „bio“ und welches nicht? Und wie „bio“ ist welches Bio-Siegel? Wir möchten dir einen Überblick über die wichtigsten Siegel und die damit einhergehenden Qualitätskriterien geben, damit du beim nächsten Einkauf etwas mehr Orientierung im Siegel-Dschungel hast.

EU-Bio-Siegel – deutsches staatliches Bio-Siegel

Produkte, die mit einem dieser beiden Siegel gekennzeichnet sind, sichern ein Minimum an Bio-Qualität. Solche Lebensmittel müssen mindestens zu 95 % aus biologischer Landwirtschaft stammen, sodass maximal 5 % der Zutaten auch aus konventioneller Herkunft stammen können. Auch bei anderen Kriterien zeigt sich, dass dieses Siegel zwar ein guter Anfang, jedoch noch lange nicht wirklich 100 % Bio ist.

Bei diesem Siegel sind zum Beispiel “nur” 49 Lebensmittelzusatzstoffe erlaubt, anstatt der über 300 zugelassenen Zusätze in konventionellen Lebensmitteln. Demnach unterliegen Produkte mit EU-Bio-Siegel wesentlich strengeren Regeln.

Viele Produkte tragen zusätzlich zum EU-Bio-Siegel noch ein weiteres Gütesiegel, dessen Zertifizierung zum Teil weit über die Qualitätsanforderungen des EU-Siegels hinaus geht. Die häufigsten privaten deutschen Siegel für Bio-Lebensmittel sind die folgenden!

Bioland

Bio ist nicht gleich Bio, und die Vielzahl der Siegel führt oft zu Verunsicherungen. Hier ein kurzer Wegweiser zum richtigen Siegel für dich.

Bioland ist der größte biologische Anbauverband in Deutschland, weswegen du dieses Siegel wahrscheinlich schon oft gesehen hast. Die Kriterien, um mit diesem Siegel zertifiziert zu werden, liegen deutlich höher als beim EU-Bio-Siegel – und das in allen Bereichen! Ein einfaches Beispiel verdeutlicht den immensen Unterschied: Das EU-Siegel erlaubt 230 Legehennen pro bewirtschaftetem Hektar, Bioland-Bauern dürfen nur maximal 140 Hennen bezogen auf die gleiche bewirtschaftete Fläche halten.

Auch im Bereich der Zusatzstoffe und Zutaten geht es bei Bioland reglementierter zu, denn es sind nur 24 Zusatzstoffe erlaubt und um das Bioland Siegel zu erhalten, müssen wirklich alle Zutaten, also 100 %, aus kontrolliert biologischer Herkunft stammen. Nur in seltensten, streng geregelten Ausnahmen sind kurzzeitig 5 % aus konventionellen Quellen erlaubt.

Naturland

Bio ist nicht gleich Bio, und die Vielzahl der Siegel führt oft zu Verunsicherungen. Hier ein kurzer Wegweiser zum richtigen Siegel für dich.

Der Fokus vom Naturland Anbauverband liegt nicht nur auf einer ökologischen Landwirtschaft, sondern auch auf fairen und sozialen Arbeitsweisen, bei denen das Ziel einer weltweiten, fairen, nachhaltigen, sozialen und ökologischen Landwirtschaft angestrebt wird. Naturland schreibt dabei nicht nur Richtlinien für die Landwirtschaft vor, sondern auch Sozialrichtlinien und Kriterien für ökologische Waldnutzung, Aquakultur und andere Bereiche, wie zum Beispiel die Textil- und Kosmetikherstellung.

Produkte, die das Naturland-Siegel tragen, sind daher bio, fair und sozial und gehen weit über das EU-Bio-Siegel hinaus. Auch sämtliche Richtlinien sind strenger als bei den EU-Mindestanforderungen. Naturland erlaubt beispielsweise nur 22 Zusatzstoffe für Lebensmittel, weniger als die Hälfte der 49 nach EU-Bio-Verordnung erlaubten Stoffe. Ein Naturland zertifiziertes Lebensmittel muss 100 % seiner Zutaten aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft beziehen und darf nur bei nachgewiesener Nichtverfügbarkeit einer Zutat temporär zu maximal 5 % Bestandteile aus konventioneller Landwirtschaft enthalten.

Bio ist nicht gleich Bio, und die Vielzahl der Siegel führt oft zu Verunsicherungen. Hier ein kurzer Wegweiser zum richtigen Siegel für dich.

Demeter

Demeter-Landwirte betreiben eine Form der Landwirtschaft, wie sie wahrscheinlich schon vor Jahrhunderten angewendet wurde: Die biodynamische Wirtschaftsweise! Sie beruht auf dem Anthroposophen Rudolf Steiner und sieht den gesamten landwirtschaftlichen Betrieb als eine Einheit, in der nach Möglichkeit alles im eigenen Kreislauf hergestellt und bewahrt wird. Tierhaltung ist dabei eine Voraussetzung, um mit deren Mist und Gülle die Felder zu düngen. Die Humusschicht der Böden soll damit weiter aufgebaut werden, um die Fruchtbarkeit und Qualität der Ackerböden zu erhalten und zu steigern.

Besonders charakteristisch für Demeter-Landwirtschaft ist die Verwendung von biodynamischen Präparaten, die dazu dienen sollen, diverse Wachstumsfaktoren nach anthroposophischer Lehre zu harmonisieren und über Jahre gleichbleibende Erträge zu sichern. Diese Präparate bestehen aus Pflanzenextrakten, Asche, Hornkiesel oder Hornmist und werden als Dünger oder Spritzmittel angewendet.

Weil im Demeter-Landbau nahezu alles verboten ist, was nicht natürlichen Ursprungs ist, erfüllen Demeter-Lebensmittel die allerhöchsten Bio-Qualitätsstandards. Es sind nur 13 Zusatzstoffe erlaubt, die ebenfalls streng reglementiert sind. So ist zum Beispiel Zitronensäure verboten, weil stattdessen auch Zitronensaft verwendet werden kann.

Gäa

Bio ist nicht gleich Bio, und die Vielzahl der Siegel führt oft zu Verunsicherungen. Hier ein kurzer Wegweiser zum richtigen Siegel für dich.

Dieser noch recht junge Anbauverband hat seinen Schwerpunkt hauptsächlich in Ostdeutschland, weswegen das Siegel im Westen wenig bekannt ist. Gäa wirtschaftet kontrolliert biologisch unter Gesichtspunkten der sozialen Gerechtigkeit und bezieht dabei Landschafts- und Naturschutz mit ein. Das Ziel ist eine abwechslungsreiche Landschaft mit Grünflächen, Gehölzbeständen, Feuchtgebieten und Wildkräuter-Arealen.

Einige der nachhaltigen Ziele des Gäa-Verbandes sind der Erhalt von Tierarten und Pflanzenarten sowie der Bodenfruchtbarkeit und der umfassende Schutz des Grundwassers. Die Gäa-Richtlinien gehen damit über die bewirtschaftete landwirtschaftliche Fläche hinaus und schreiben dem Ressourcenschutz große Wichtigkeit zu. Damit gehen die Gäa-Anforderungen auche weit über die der EU-Bio-Verordnung hinaus.

Diese Übersicht nicht vollständig und es gibt noch viele weitere Siegel, die für kontrolliert biologische Lebensmittel stehen. Der kleinste gemeinsame Nenner all dieser Siegel ist jedoch immer die EU-Bio-Verordnung. Allen Bioprodukten mit jedwedem Bio-Siegel ist aber gemein, dass niemals synthetische Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden dürfen und dass Gentechnik weitestgehend tabu ist.

Wenn du also sicher gehen möchtest, ein echtes Bio-Produkt zu kaufen, ohne dich von blumigen Formulierungen und frei erfundenen „Qualitäts“-Siegeln täuschen zu lassen, achte auf das grüne Blatt des EU-Bio-Siegels. Dies dürfen wirklich nur solche Produkte tragen, welche die Mindeststandards erfüllen. Findest du ein weiteres Bio-Siegel auf dem Produkt, so kannst du davon ausgehen, dass es noch strengeren Richtlinien entspricht und daher noch bessere Bio-Qualität ist.

Muss es immer Bio sein?

Doch nicht immer ist Bio auch automatisch besser. Ein Blick auf die Herkunft des Produktes lohnt auch! Ein Bio-Ei, das beispielsweise aus dem Ausland zu uns gekarrt wird, hat eine wesentlich schlechtere CO2-Bilanz als das Ei vom Hühnerhof um die Ecke, der möglicherweise nicht nach Bio-Richtlinien arbeitet.

Auch ist der Zertifizierungsprozess aufwendig und teilweise mit hohen Kosten verbunden. Wenn du also kleinere Erzeuger in deiner Umgebung hast, suche den Dialog und finde heraus, unter welchen Bedingungen Lebensmittel in deinem Umfeld angebaut werden.

Letztendlich musst du immer selbst entscheiden, was für dich wichtiger ist. Legst du Wert auf Lebensmittel, die frei von Pestiziden und anderen synthetischen Zusatzstoffen sind? Dann wähle am besten immer mindestens das EU-Bio-Siegel. Ist für dich wichtig, regionale Anbieter zu unterstützen und bevorzugst du kurze Transportwege, dann entscheide dich für das Produkt aus der Region. Das Optimum jedoch ist, deine Lebensmittel direkt vom Bio-Bauern in deiner Nähe zu kaufen. Meist haben solche Höfe auch einen kleinen Hofladen, in dem du auch den Rest deines Einkaufes „bio“ erledigen kannst und immer öfter liefern Bio-Bauern auch direkt an den Konsumenten in der Großstadt.

Worauf achtest du beim Kauf deiner Lebensmittel? Hinterlasse uns unten einen Kommentar!

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5 Kommentare

  1. Das Ei mag von nebenan kommen. Das verfütterte Soja kommt trotzdem aus Brasilien. Regional nicht nachhaltig produziert ist immer noch nicht nachhaltig!

    Antworten
    • smarticular.net
      smarticular.net

      Darum ist es am besten, einen solchen Erzeuger auszuwählen, bei dem man die Haltebedingungen kennt und mit dem man vielleicht sogar selbst ins Gespräch kommen kann, etwa im Hofladen. Liebe Grüße!

  2. Dass das EU-Biosiegel nicht so strenge Auflagen hat, stimmt. Dafür sind die Lebensmittel auch günstiger als die anderen Siegel. Trotzdem werden die Flächen, auf denen diese Lebensmittel angebaut werden, nach Bio-Gesichtspunkten bearbeitet – und sind somit Flächen, die nicht mehr konventionell genutzt werden können. Das finde ich gut und unterstützenswert.

    Weiter wird “Bio” auch für Menschen bezahlbar, die keine Spitzenverdiener sind.
    Ich strebe persönlich eine bunte Mischung an, Supermarkt-Bio, ergänzt durch Bioladen-Bio (die “besseren” Siegel), aber auch regional/konventionell.

    Antworten
    • schniietz

      so mach ich es auch. Wie ich schon unter einem anderen Beitrag von Euch schrieb, vermisse ich aber die eigentliche Philosophie von Bio, die primär den nachhaltigen biologischen Umgang mit der Natur und den Tieren beinhaltet. Bei Bio geht es darum die Tiere so Artgereccht wie möglich und die Felder so giftfrei wie möglich zu bestellen. Es ist natürlich eine Gratwanderung zwischen artgerecht/natürlich und rentabel. Auch die Biobauern müssen von ihrem Ertrag leben.

  3. Julia Ullmann

    Demeter hat auch die strengsten Auflagen in der Tierhaltung. Weniger Kraftfutter und mehr rauhfutter. Weniger Tiere pro ha, größere Stallflächen, Ausslauf bzw. Weidegang sind Pflicht.

    Antworten

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