Mesh-Netzwerk: Kommunikation ohne Internet & Mobilfunk

Mesh-Netzwerke funktionieren auch ohne Internet und Mobilfunk – und das sogar mit normalen Smartphones. Was das genau ist und wie du Mesh-Netzwerke im Alltag oder im Notfall nutzen kannst, haben wir hier zusammengefasst.
Hinweis: Dieser Beitrag gehört zu unserem Krisenhandbuch für nachhaltige Vorsorge und Resilienz und gibt einen weiterführenden Überblick über Mesh-Netzwerke, als dies im Rahmen des Buches möglich wäre.
Ein kompletter Ausfall des Mobilfunknetzes oder des Internet ist zwar nicht sehr wahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. So waren beispielsweise während des Ahrtal-Hochwassers 2021 ganze Landstriche bis zu zwei Wochen lang von der Kommunikation abgeschnitten, weil Handymasten und Notstromsysteme ausgefallen waren.
Was ist ein Mesh-Netzwerk?
Stell dir ein Spinnennetz vor, bei dem jeder Knotenpunkt eine Person mit einem Handy ist. In einem Mesh-Netzwerk können diese Handys direkt miteinander reden, ohne einen Handymast zu brauchen. Die Verbindung erfolgt meist über Bluetooth mit einer Reichweite von mehreren Hundert Metern im Freien oder 40 Metern in Gebäuden (Bluetooth ab 5.0).
Warum sind Mesh-Netze gut in Krisen?
Ein Mesh-Netzwerk braucht keine zentrale Infrastruktur und funktioniert deshalb auch dann noch, wenn das Mobilfunknetz ausgefallen ist. Selbst wenn das Internet nicht mehr gehen sollte, können die Geräte untereinander weiterhin kommunizieren, zum Beispiel über Textnachrichten. Wenn eine Verbindung ausfällt, finden die Nachrichten einen anderen Weg durch das Netz.
- Kein Handymast nötig: Ein Mesh-Netz funktioniert weiter, wenn das normale Handynetz zusammengebrochen ist (z. B. wie beim Ahrtal-Hochwasser 2021 oder nach einem Erdbeben).
- Selbstreparatur: Wenn ein Handy (Knoten) ausfällt, finden die anderen Handys einen anderen Weg, um Nachrichten zu senden.
- Schnell aufgebaut: Man kann es schnell mit einfachen Geräten und Apps einrichten.
- Unabhängig: Ein Mesh-Netzwerk braucht keine zentrale Kontrollstelle, die ausfallen könnte.
Kurz gesagt: Mesh-Netzwerke sind wie ein robustes, selbstheilendes Funknetz, das auch dann funktioniert, wenn alles andere ausfällt. Deshalb sind sie ideal für die Kommunikation in Notfällen, aber auch in abgelegenen Regionen, bei Ausflügen in die Wildnis und Ähnlichem.
Smartphone-Apps für Mesh-Netze
Die folgenden Apps eignen sich für eine direkte Kommunikation Handy-zu-Handy, wobei Bridgefy dafür sogar ein Mesh-Netz über mehrere Knoten verwendet. Bedenke aber, dass für die Einrichtung ggfs. das Internet erforderlich ist und dass man solche Apps am besten schon einrichtet, wenn noch keine Krise da ist. So bist du mit der Nutzung vertraut und kannst sie bei Bedarf sofort nutzen.
Wichtig: Die vorgestellten Projekte befinden sich in der Entwicklung und diese Technologien entwickeln sich rasch weiter. Wir sind gespannt, welche zusätzlichen Möglichkeiten es in Zukunft geben wird!
Bridgefy
Bridgefy ist eine App, die dein Smartphone in einen Knotenpunkt eines Mesh-Netzwerks verwandelt. Sie ermöglicht es dir, Nachrichten an andere Bridgefy-Nutzer in deiner Nähe zu senden, ganz ohne Internet oder Mobilfunknetz. Das funktioniert über Bluetooth Direktverbindungen. Nachrichten können dabei von Handy zu Handy “hüpfen”, um auch größere Entfernungen zu überbrücken. Bridgefy ist nützlich in Situationen, wo das normale Netz nicht verfügbar ist, z. B. bei Naturkatastrophen, Großveranstaltungen oder auf Reisen.
Nützliche Links:
Briar
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt die App Briar, auch wenn sie kein echtes Mesh-Netzwerk aufbaut. Sie ermöglicht also nur die Kommunikation direkt von Gerät zu Gerät, praktisch wie Walkie-Talkies für Textnachrichten, kann aber keine Nachrichten über mehrere Knoten weiterleiten. Im Gegensatz zu Bridgefy unterstützt sie zusätzlich WLAN-Kommunikation, sofern beide Geräte im selben WLAN angemeldet sind (auch ohne Internet). Mit einer bestehenden Internetverbindung ist die Kommunikation in der App sogar weltweit möglich.
Briar ist eine Messaging-App, die auf maximale Sicherheit und Privatsphäre ausgelegt ist, besonders in Situationen, in denen Überwachung oder Zensur drohen:
- Kein zentraler Server: Nachrichten werden direkt zwischen den Nutzern ausgetauscht (Peer-to-Peer) oder über das Tor-Netzwerk, was Überwachung erschwert.
- Funktioniert auch ohne Internet: Kann Nachrichten über Bluetooth oder WLAN-Direktverbindungen austauschen, wenn kein Internet verfügbar ist (Mesh-Netzwerk-Funktionalität).
- Ende-zu-Ende-Verschlüsselung: Nur die beteiligten Nutzer können die Nachrichten lesen.
- Schutz der Metadaten: Briar versucht zu verhindern, dass Informationen darüber preisgegeben werden, wer mit wem kommuniziert.
- Open Source: Der Code ist öffentlich einsehbar, was die Überprüfung der Sicherheit ermöglicht.
- Entwickelt für Journalisten, Aktivisten, und alle, die sichere und private Kommunikation benötigen, auch in Krisensituationen.
Briar ist also ein extrem sicherer Messenger, der auch dann funktioniert, wenn das Internet ausfällt oder überwacht wird. Die App ist allerdings bisher nur für Android verfügbar, aber nicht für iPhone. Denn die Art und Weise, wie Briar entworfen wurde (dezentral, Peer-to-Peer, auf Hintergrundaktivität und direkten Geräte-zu-Geräte-Verbindungen angewiesen, Open Source), ist mit Apples Sicherheits- und Designphilosophie für iOS nur sehr schwer vereinbar.
Nützliche Links:
Mesh-Netzwerk mit großer Reichweite: Meshtastic
Meshtastic ist ein Open-Source-System, das offene Software und günstige Funktechnik (LoRa = Long Range Funkverbindungen) kombiniert, um ein eigenes echtes Mesh-Netzwerk zu erstellen. Dieses Netzwerk funktioniert wie ein Walkie-Talkie-System über große Entfernungen, und die Nachrichten können von Gerät zu Gerät springen, um noch weiter zu reichen. Es braucht weder Internet noch Handymasten.
Jeder Meshtastic-Knoten (das sind kleine elektronische Platinen oder kompakte Geräte mit Antenne) sucht sich automatisch andere Knoten in der Umgebung. Je nach Gelände kann die Entfernung zwischen Knoten einige Hundert Meter (in Städten) bis zu mehrere Kilometer (im freien Gelände) betragen. Man verbindet sich mit seinem Smartphone zum eigenen Knoten und kann dann Textnachrichten an andere im Netzwerk senden.
Viele Meshtastic-Begeisterte löten und programmieren ihre Geräte selbst. Für Meshtastic-Einsteiger besser geeignet sind da Geräte wie der LILYGO T-Echo, da sie fix und fertig vorkonfiguriert sind und ein wetterfestes Gehäuse haben.
LILYGO T-Echo (Produktbeispiel bei Amazon)
In Krisensituationen, wie nach Naturkatastrophen, ist Meshtastic extrem wertvoll. Wenn Handynetze und Internet ausfallen, können Menschen trotzdem miteinander kommunizieren, Rettungskräfte sich abstimmen und wichtige Informationen ausgetauscht werden. Auch in abgelegenen Gebieten ohne Mobilfunkempfang ist es eine zuverlässige Lösung. Die Geräte sind oft klein, laufen über Akkus (sie brauchen sehr wenig Strom), und die Nachrichten können verschlüsselt werden. Da Meshtastic Open Source ist, können alle das System anpassen und verbessern.
Mehr Infos und die App:
Fazit
In Verbindung bleiben – mit der Familie, den Nachbarn & Co. – dafür sind Mesh-Netzwerke eine ausgezeichnete Idee. Nicht nur in Krisenfällen, sondern auch im Alltag, da sie völlig unabhängig von zentraler Infrastruktur wie dem Mobilfunknetz funktionieren.
Am einfachsten funktioniert das mit den Smartphone-Apps von Bridgefy und Briar. So könnten beispielsweise Kinder mit der Familie bzw. untereinander in Kontakt bleiben, ohne dafür einen Mobilfunkvertrag zu benötigen.
Je mehr Teilnehmer es in der näheren Umgebung gibt, desto besser, denn dann ist das System im Notfall sofort einsatzbereit.
Mehr zum Thema nachhaltige Krisenvorsorge und Resilienz gibt es in unserem Buch:
Nutzt du bereits ein Mesh-Netzwerk oder hast du ähnliche Vorsorgemaßnahmen getroffen, um die Kommunikation in Krisen sicherzustellen? Wir freuen uns sehr über deine Ergänzungen in einem Kommentar!
Weitere Informationen über nachhaltige Krisenvorsorge:
- Lösungen für Notstrom bei Stromausfall
- PMR-Funk, CB-Funk & Co.: Alles Wissenswerte für Notfunk
- Nachhaltige Vorratshaltung ohne Hamstern
- Kochen ohne Strom
- Das gehört in den Notfallrucksack