
8 Strategien gegen die Konsumlust
Schon lange bin ich mir der Tatsache bewusst, dass viele meiner alltäglichen Einkäufe nicht nur mein Konto, sondern auch meine Umwelt und Mitmenschen belasten. Trotzdem will ich manchmal irgendetwas einfach nur haben. Nach dem gängigen Klischee sollten die Objekte der Begierde bei mir als Frau wohl vor allem Schuhe sein, tatsächlich ist es in meinem Fall aber Technik. Alles, was eine Tastatur hat oder sich mit einer verbinden lässt, ruft mir zu: „Kauf mich! Du brauchst mich! Dein Leben wird nie wieder schön sein ohne mich!“ Während ich diesen inneren Schweinehund immer wieder ein bisschen besiege, habe ich Strategien gegen die Konsumlust entdeckt, die ich gern teilen möchte.
1. Werbung meiden
Aus ziemlich vielen Lebensbereichen kann man Werbung fast komplett verbannen. Ein Großteil der Werbung lauert in den Medien. Die aber konsumieren wir oft unreflektiert, einfach um Zeit totzuschlagen. Indem man sich auf das beschränkt, was man wirklich gerne sieht, hört und liest, kann man schon mal die Masse an Werbung reduzieren. Wenn man dann noch einen Schwerpunkt auf werbefreie Angebote legt, die man mit einem bestimmten Geldbetrag unterstützt, hat man schnell keine Ahnung mehr, welche Produkte gerade überhaupt „angesagt“ sind. Für mich kein großer Verlust!
Schließlich kann man noch offensivere Sperren errichten: Ein kleiner, gerne auch selbst gebastelter „Keine Werbung!“-Aufkleber am Briefkasten, der auch explizit kostenlose Zeitungen, Handzettel, Wurfsendungen und Wochenblätter ablehnt, sollte gegen die meiste unerwünschte Papierreklame helfen, auch gegen den wöchentlichen, in Plastik eingeschweißten Papierstapel. Kataloge kann man abbestellen und auch der kostenlose und unkomplizierte Eintrag in eine Robinsonliste lohnt sich. Im Internet macht ein Adblocker Websites obendrein gleich viel übersichtlicher. Den kann man auch so einstellen, dass er unaufdringliche Werbung zulässt, sodass man die Anbieter von Inhalten nicht ihrer Existenzgrundlage beraubt.
2. Werbung bewusst analysieren
Werbung lässt sich nicht immer vermeiden oder ausblenden, in der Öffentlichkeit begegnet sie uns überall. In diesem Fall hilft eine andere Herangehensweise. Werbung ist dafür gemacht, uns vorzugaukeln, wir bräuchten ein bestimmtes Produkt unbedingt. Das war mir schon lange klar und doch fiel (und falle!) ich immer wieder auf ihre Tricks herein. Dann schleicht sich die Kauflust in meinen Kopf und sogar in meine Träume, bis ich ihr irgendwann nachgebe. Aber bald schon schwingt neben der Freude über den neuen Besitz eine komische Ahnung mit: „Bringt mir dieser Gegenstand wirklich den erhofften Nutzen?“, „Irgendwie nimmt er ja doch ganz schön viel Platz weg!“, „Und das Konto sieht jetzt so leer aus!“ Aber ich behalte meine Neuanschaffung, denn sie zurückzugeben hieße, einen Fehler einzugestehen und einen Traum aufzugeben.
In letzter Zeit aber versuche ich, Werbung bewusst zu analysieren. Mit welchen Methoden wird gearbeitet? Welche vermeintlichen Bedürfnisse werden angesprochen? So wird aus dem aufwändig perfektionierten Konsumtrigger schnell eine bloße Kombination aus schönen Bildern, Sprache und Musik. Der mehr oder weniger implizite Befehl zum Kaufen wird ausgebremst, bevor er mein Unterbewusstsein erreicht hat.
3. Abwarten
Manchmal ist es tatsächlich von Vorteil, wenig Geld zu haben. Nichts hat mich wohl bisher so oft vor überflüssigem Kram gerettet, wie erst darauf sparen zu müssen. Wenn ich mir etwas schlicht nicht leisten kann, bin ich eben gezwungen, auch ohne glücklich zu sein. So ist manches Gelüst längst vergessen, wenn ich den Kaufpreis zusammengespart habe.
Was aber, wenn man das Pech hat, reichlich Geld zu haben? Dann hilft vielleicht eine selbst auferlegte Sperrfrist für Anschaffungen, die einen bestimmten Geldbetrag überschreiten. Was über 30 € kostet, muss zum Beispiel erst 30 Tage warten. Wenn man es dann immer noch braucht, darf man es sich kaufen.
4. Das Leben mit Sinn füllen statt mit Sachen
Schon oft (meist nachdem ich der Konsumlust wieder mal erlegen bin) habe ich gemerkt, dass mein eigentliches Problem nicht der oberflächliche Bedarf nach dem neuen Gegenstand war, sondern eine tiefer sitzende Unzufriedenheit in einem anderen Lebensbereich. Wenn ich mich gut ausgelastet und von den Menschen gemocht fühle, die mir wichtig sind, und immer mal wieder kleine Erfolgserlebnisse habe, „brauche“ ich schon gleich viel weniger Krempel. Wenn es einen also mal wieder überkommt, lohnt es sich vielleicht, darüber nachzudenken, wo der Schuh in Wirklichkeit drückt. Womöglich braucht man eigentlich einen Selbstwert-Boost oder flüchtet sich vor Problemen in einer sozialen Beziehung? Wie wäre es dann lieber mit einer ehrenamtlichen Tätigkeit, einem klärenden Gespräch oder einem neuen Hobby? Kreatives und Körperliches wie Handarbeiten, Heimwerkern oder Gartenarbeit funktionieren zum Beispiel hervorragend.
5. Wenn schon, dann nachhaltig konsumieren
Manchmal braucht man etwas ja wirklich und das Nachhaltigkeits-Bewusstsein soll ja auch nicht in Selbstkasteiung ausarten. Nicht jede Entscheidung für den Konsum muss zwangsläufig eine schlechte Entscheidung sein. Indem man in Gebrauchtes, nachhaltig Produziertes oder Langlebiges investiert, kann man Ressourcen schonen und für ein entsprechendes Angebot am Markt stimmen.
Darüber hinaus kann man vieles auch selbst herstellen – und immer noch etwas mehr, als man denkt! Zum Beispiel Fingerfarben und sogar Seife. Das Resultat ist in vielen Fällen kostengünstiger, persönlicher und perfekt auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten. Außerdem bekommt man dabei sogar noch eine dicke Portion Selbstwertgefühl gratis obendrauf.
6. Ersatzbefriedigung finden
Wenn man erkennt, dass ein subjektives Bedürfnis eigentlich nur von Konsumlust herrührt, schafft man es vielleicht, diese auf etwas Günstigeres, Nachhaltigeres oder Nützlicheres umzulenken. Nie hätte ich beispielsweise gedacht, dass ich mich mal mehr über eine tolle Naturseife freuen würde, die ich nach langer Suche in einem Laden vor Ort finde, als über ein neues Handy, das mir jemand schenken möchte. Das Handy mag toll und neu sein, aber ich habe schon eines. Die Seife dagegen brauche und verbrauche ich tatsächlich.
Wenn man dagegen vor allem von der Lust am Neuen getrieben ist, kann man auch überlegen, wie man Altem neues Leben einhauchen kann. Schöne Beispiele sind der alte Pulli, dem man eine neue Applikation verpasst, oder die Kommode, die einen neuen Anstrich erhält. Mit meiner Technikbegeisterung hat mich oft schon die Installation eines anderen Betriebssystems über die Gier nach einem tolleren, neueren Computer hinweg gerettet.
7. Einsehen, dass es auch anders geht
Ja, es gibt Leute, die nachhaltig konsumieren, und auch die sind keine Hexer oder haben auf wundersame Weise weniger Bedürfnisse als man selbst. Béa Johnsons Buch „Zero Waste Home“ war für mich unter anderem deshalb so inspirierend, weil Johnson sich – vor ihrer Hinwendung zum Minimalismus – mit herrlicher Selbstironie als ausgesprochen materialistisch beschreibt. Ich, die ich mich insgesamt als eher wenig materialistisch empfinde, dachte mir direkt: „Wenn so jemand es schafft, seinen Familienmüll auf ein Glas pro Jahr zu reduzieren, dann kann ich das doch schon lange!“ Nun, ganz so einfach ist es nicht, aber ich bin auf dem Weg. Und wer schon mal eine große Umstellung durchgezogen hat, zum Beispiel bezüglich seiner Ernährung, der weiß bereits, dass er sich ändern kann.
8. Freude in der Freiheit von Besitz finden
Selbst ich als blutige Anfängerin in Sachen Minimalismus merke schon: Wenn man sich übt, den Nutzwert von Dingen zu schätzen anstatt die Dinge an sich, dann kann man sich leichter wieder von ihnen trennen oder sie mit anderen teilen und spart sich die Mühe für ihre Unterbringung und Instandhaltung. Es lohnt sich, sich vor jeder neuen Anschaffung nicht nur bewusst zu machen, welche Ressourcen vor dem Kauf in ein Produkt geflossen sind, sondern auch, welche Ressourcen es einen selbst als Besitzer noch kosten wird.
Und wie geht es dir diesbezüglich? Wo hast du deine Schwachstelle und wie vermeidest du, der bloßen Konsumlust nachzugeben?
Wenn du längerfristig deinen Konsum hinterfragen und auch beobachten möchtest, haben wir hier einen Buchtipp für dich:
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