Kaum ein anderes Nahrungsmittel hat in den letzten Jahren einen solchen Boom erlebt wie die Avocado. Ihr hoher Gehalt an gesundheitsfördernden Mikronährstoffen und guten Fetten macht sie zu einer beliebten Zutat, nicht nur in der veganen Küche. Seit 2008 hat sich der Konsum allein in Deutschland mehr als verdreifacht.
Gleichzeitig hat der wachsende Avocadohunger seine Schattenseiten, führt zu Ausbeutung und hohem Wasserverbrauch. Die oft einseitigen, teilweise sogar alarmistischen Berichte selbst seriöser Medien (wie zum Beispiel zuletzt in der Süddeutschen Zeitung) zeigen jedoch meist nur die halbe Wahrheit, denn die Avocado ist mit diesen Eigenschaften nicht schlechter als viele andere Lebensmittel, so gesehen zumindest viel besser als ihr Ruf!
Dieser Beitrag soll aber noch lange kein Aufruf sein, mehr Avocados zu essen. Er soll vielmehr die zu einseitige Darstellung in den Medien entzerren und ermöglichen, sich bewusster mit vielen unserer Lebensmittel auseinanderzusetzen. Warum eine bewusst ausgewählte Avocado nicht schlechter ist als viele andere alltägliche Lebensmittel und wie du die Vitalstoffbombe – natürlich in Maßen – auch in Zukunft ohne schlechtes Gewissen genießen kannst, erfährst du in diesem Beitrag.
Avocado beim Wasserverbrauch nur Mittelmaß
Wenn man beim viel kritisierten Wasserverbrauch der Avocado genau hinschaut und ihn mit dem anderer Lebensmittel vergleicht, stellt man fest, daß er lediglich im mittleren Bereich liegt und von zahlreichen, sehr viel öfter und selbstverständlicher verzehrten Produkten weit übertroffen wird. Auch diese gedeihen wie die Avocado häufig besonders gut in Regionen, die leider zugleich Wassermangelgebiete sind. Produkte wie Rindfleisch, Nüsse oder auch Käse öfter aus dem Speiseplan zu streichen, würde deshalb weit mehr bringen als der bloße Verzicht auf Avocados. Am Beispiel der Orange zeigt sich, dass nicht nur einzelne exotische Früchte ein Problem darstellen, sondern dass mit einer wachsenden Weltbevölkerung ganz allgemein eine voranschreitende Ausbeutung der Umwelt zum Zwecke der Lebensmittelproduktion einhergeht. So werden für ein Glas Orangensaft 140 Liter virtuelles Wasser verbraucht, vielfach in Regionen, die mit sinkendem Grundwasserspiegel und durch intensive Landwirtschaft immer schlechter werdende Wasserqualität zu kämpfen haben.
Die folgende Tabelle (Quelle u.a.) veranschaulicht den Wasserverbrauch anhand einiger Beispiele:
Lebensmittel | Wasserverbrauch (L/kg) |
Kakao (Hauptbestandteil in Schokolade und Schokoaufstrich) | 27.000 |
Kaffee | 21.000 (252 L pro Tasse) |
Rindfleisch | 15.500 |
Nüsse | 5.000 |
Käse | 5.000 |
Reis | 3.500 |
Eier | 3.300 |
Kokosnuss | 2.500 |
Avocado | 1.000 |
Banane | 800 |
Äpfel | 700 |
Erdbeeren | 280 |
Kartoffeln | 210 |
Tomaten | 110 |
Besonders deutlich wird die zu einseitige Kritik am Avocado-Konsum mit Blick auf die beliebten Genussmittel Kakao und Kaffee. Aber auch ein Glas Bier schlägt mit 72 Litern Wasser zu Buche, fast die Hälfte dessen, was wir durchschnittlich zu Hause an Leitungswasser am Tag verbrauchen.
Tipp: Neben Lebensmitteln gibt es viele weitere Produkte, die besonders viel sogenanntes virtuelles Wasser verbrauchen.
Klimaschädliche Transportwege reduzieren
Avocados werden wie die meisten anderen Importfrüchte unreif geerntet. Da sie sehr empfindlich sind, müssen sie in der Regel in Kühlboxen gelagert und per Containerschiff transportiert werden. Das kostet Energie und ist mit dem Ausstoß klimaschädlicher Abgase verbunden. Auch diese Kritik ist zwar berechtigt, vernachlässigt aber, dass viele andere Produkte ähnlich weite Wege zurücklegen und dafür aufwändig chemisch oder technisch behandelt werden müssen, um in die Auslagen unserer Supermärkte zu gelangen. Sehr viel effektiver kann man diesem Problem deshalb begegnen, indem man beim Einkauf saisonale und regionale Produkte bevorzugt. Also nicht nur den Avocado-Konsum einschränken, sondern auch öfter mal dem heimischen Apfel den Vorzug gegenüber der Banane, Orange, Mandel oder auch Cashew geben und Obst- und Gemüsesorten vor allem dann verarbeiten, wenn sie in unseren Breiten gerade Saison haben.
Tipp: Mit einer Erbsen-Guacamole oder einer Bobomole aus dicken Bohnen kannst du regionale Alternativen zum beliebten Avocado-Dip zubereiten.
Illegale Abholzung bei Soja und Palmöl – ein mindestens genauso großes Problem
Aufgrund der explodierenden Nachfrage stellen immer mehr landwirtschaftliche Betriebe im Hauptanbaugebiet Mexiko auf die Avocado um. Große Agrarfirmen kaufen bisher von kleinen Bauern bewirtschaftetes Land auf und schrecken auch nicht vor der illegalen Abholzung heimischer Wälder zurück. Eine negative Folge des gestiegenen Avocado-Verzehrs, die sich nicht wegreden lässt. Mindestens genauso trifft das aber auch auf andere Produkte zu, die im großen Stil angebaut und in ferne Länder exportiert werden. Dabei wird bei der negativen Beurteilung der Avocado gern vergessen, dass beispielsweise der Anbau von Soja als Futtermittel für den weltweit wachsenden Fleischhunger ein Vielfaches an Regenwald zerstört. Den eigenen Fleischkonsum zu reduzieren, ist deshalb ein sehr viel wirksamerer Schritt zum Schutz der Regenwälder und des Klimas als ein vollständiger Avocado-Boykott. Es ist deshalb sinnvoll, genau hinzusehen und sich über die Anbaubedingungen genau zu informieren.
Avocado nachhaltig und fair kaufen
Die Avocado zu verteufeln, ohne dabei auf den ökologischen Fußabdruck anderer Lebensmittel zu achten, führt unterm Strich nicht unbedingt zu einem nachhaltigeren Lebensstil. Statt einfach nur auf diese eine Frucht zu verzichten, ist es deshalb sinnvoller, sie in Maßen und aus verantwortungsvollen Quellen zu konsumieren, und gleichzeitig den Konsum vieler anderer Lebensmittel zu hinterfragen. Wenn du die folgenden Aspekte beim Kauf berücksichtigst, spricht auch nichts dagegen, die vielseitige, gesunde Frucht gelegentlich zu genießen:
- Bevorzuge biologisch angebaute Früchte. Bei ihrer Produktion werden weniger Pestizide verwendet, die das Wasser und den Boden zusätzlich belasten.
- Achte auf das Herkunftsland. In Spanien angebaute Avocados gelangen über sehr viel kürzere Strecken zu uns. Das spart Energie und schont das Klima.
- Informiere dich über die sonstigen Anbaubedingungen: Produzenten, die es ernst meinen, klären immer öfter aktiv auf und setzen sich für Qualität statt billige Massenware ein. Früchte aus verantwortungsvollem Anbau sind womöglich etwas teurer und kleiner, dafür in der Regel aber auch viel aromatischer und mit weniger schädlichen Auswirkungen für das Ökosystem verbunden.
- Bevorzuge wenn möglich Avocados, die von kleinen landwirtschaftlichen Betrieben produziert werden, um sie gegenüber der Marktmacht großer Agrarkonzerne zu stärken und die Einhaltung sozialer Standards bei den Beschäftigten zu unterstützen.
Tipp: Auch Avocados, die im Inneren bereits braun sind, lassen sich häufig noch verwenden.
In unserem Buchtipp findest du jede Menge Superfoods, die in unseren Breiten heimisch sind:
Wie hältst du des mit der Avocado und anderen Lebensmitteln, von denen durch die wachsende Weltbevölkerung immer mehr erzeugt werden müssen, was auch immer öfter zu Konflikten mit ökologischen und ethischen Standards führt? Hinterlasse uns deine Gedanken in einem Kommentar!
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